Nein zum Marco Temporal – Marco Temporal Não!
In den letzten Monaten wächst in ganz Brasilien der Protest gegen das zuletzt auch vom Senat verabschiedete Gesetz PL 490, bekannt unter dem Namen „Marco Temporal“, welches vorsieht, die Anerkennung Indigener Territorien zu erschweren. Unter anderem indem der 5. Oktober 1988 als Stichtag – marco temporal – für die Anerkennung der Territorien festgesetzt werden soll. Für die rechtliche Anerkennung, müssten indigene Gemeinschaften dann nachweisen, dass sie das beanspruchte Territorium zu diesem Stichtag – fast 500 Jahre nach Beginn der gewaltsamen Enteignung und des Völkermords – dauerhaft bewohnt haben. Im September stimmte das Oberste Gericht (STF) gegen das Marco Temporal Gesetz. Staatliche Repressionen gegen indigene Mobilisierungen und Wiederaneignungen halten aber an.
3. Marsch der Indigenen Frauen – III Marcha das Mulheres Indígenas
Vom 11. bis 13. September 2023 traffen sich indigene Aktivist*innen aus dem ganzen Land in der Hauptstadt Brasília, um für Geschlechtergerechtigkeit, gegen Rassismus und gegen die andauernde Enteignung Indigener Territorien zu protestieren. Der 3. Marsch der Indigenen Frauen, wird von der Nationalen Vereinigung Indigener Frauen Anzestrale Kriegerinnen (ANMIGA) organisiert und stand dieses Jahr unter dem Motto: „Ökosystem Frauen verteidigen die biologische Vielfalt durch die anzestralen Wurzeln“.
Auch die Indigenen Frauen Südbrasiliens (Xokleng-Kaigang-Guarani) reisten im September nach Brasília, um sich gegen die Missachtung indigener Rechte durch das Marco Temporal-Gesetz aufzulehnen. Für diese Reise zählten sie auf Unterstützung durch solidarische Menschen, wie die Xokleng-Anführerin Culung Vaitcha Teié uns in dem unten stehenden Video erklärte.
Anerkennung jetzt! – Demarcação já!
Im Rahmen des Projektes Geographie der Indigenen Frage in Rio Grande do Sul, an welchem wir mit langjährigen Freund*innen, Geograph*innen, Aktivist*innen aus Porto Alegre zusammenarbeiten, sind wir in Kontakt mit indigenen Xokleng Aktivist*innen der Retomada Konglui in São Francisco de Paula im Bundestaat Rio Grande do Sul. Angeführt von Cacica Culung Vaitcha Teié erhoben Xokleng Indigene im Dezember 2020 durch Besetzung – oder besser „Wiederaneignung“ (pt.: retomada) – Anspruch auf ihr angestammtes Territorium. Dabei forderten sie die sofortige Anerkennung des Gebiets, das bis jetzt als „Nationalwald“ von São Francisco de Paula (FLONA-SFP) unter „Naturschutz“ steht, als Indigenes Territorium (TI). Demarcação já! Seitdem leben sie unter prekärsten Bedingungen am Rand der Landstraße RS 484, wo sie zuletzt Mitte August 2023 von Schüssen geweckt wurden, die aus einem Auto auf sie abgefeuert wurden.
Solidaritätskampagne: Retomada Xokleng Konglui
Die Retomada Konglui braucht Unterstützung auf unterschiedlichen Ebenen – journalistische Arbeit muss auf die prekären Bedingungen und rassistische Gewalt aufmerksam machen, welche die Xokleng Indigenen in der Retomada erfahren; wissenschaftliche Gutachten müssen dabei helfen, die Bedeutung dieses anzestralen Territoriums für die Xokleng juristisch schlagkräftig zu formulieren. Außerdem braucht die Retomada finanzielle Unterstützung für Baumaterialien, um ihre Infrastruktur zu verbessern.
Unterstützt die Retomada Konglui und den 3. Marsch der Indigenen Frauen!
Unsere Jutebeutel mit Aufdruck des Marsches der Indigenen Frauen sind aktuell nicht mehr verfügbar.