Im Sommer 2019 gestalteten die Kollektive pappsatt und orangotango das alte Wandbild an der Hausfassade der Waldemarstraße 81 in Berlin-Kreuzberg zusammen mit den Bewohner:innen neu.
Das ursprüngliche Wandbild in der Waldemarstraße 81 war eines der ersten Fassadenbilder Berlins überhaupt. 1975 wurde es von den damaligen Bewohner:innen des Hauses in gerade mal drei Stunden ohne Gerüst direkt aus den Fenstern heraus gemalt. Das Wandbild war eine damals neue Form des Protests und Widerstands gegen die vorherrschende Stadtentwicklungspolitik mit dem Konzept der Kahlschlagsanierung, die in der Parole „Wir bleiben drin!“ zum Ausdruck kam. Der Baum als Motiv sollte ausdrücken, dass es nicht nur um das Haus, sondern um den ganzen Kiez ging, indem das Haus verwurzelt ist. Dadurch solidarisierten sich die Bewohner:innen des Hauses mit anderen von Verdrängung betroffenen Menschen in Kreuzberg und unterstützten diese u.a. direkt durch Mietrechtsberatung.
Somit steht das Haus und das Wandbild für die Errungenschaften der stadtpolitischen Kämpfe der 1970er und 1980er Jahre, als sich Bewohner*innen gegen die Kahlschlagsanierung der Senatsverwaltung zu Wehr setzten und dadurch die Altbaustruktur und das heutige Erscheinungsbild Kreuzbergs teilweise bewahren konnten.
Während die Kahlschlagsanierung als stadtplanerisches Konzept der Vergangenheit angehört, sind die Inhalte des Wandbilds sowie der Kampf um Verdrängung angesichts der gegenwärtigen Wohnungssituation in Berlin bekanntermaßen nach wie vor brandaktuell.
Durch die notwendige Sanierung der Fassade verschwand das alte Wandbild im Sommer 2019. Den Bewohner:innen des Hauses als auch uns, war es ein großes Anliegen, dass das Wandbild als Zeitdokument und Protestbild erhalten bleibt. Und so wurde bei der Neugestaltung am Motiv des Baums (inkl. des großen Banners) festgehalten, der in exakt den selben Flächen wie der ursprüngliche Baum gemalt wurde. Um das Wandbild aus der Zeit der Hausbesetzung-Bewegung ins heute zu holen, wurde das Bild mit zahlreichen Berliner Großstadttieren ergänzt, die die diverse Stadtgesellschaft von heute symbolisieren. In 10 verschiedenen Sprachen Kreuzbergs rufen sie die Parole der Hausbesetzerbewegung „Die Häuser denen, die drin wohnen!“
Weitere Informationen zu der Aktion findet ihr im Artikel der taz „Geschichte wird gemalt“
Herzlichen Dank an die Bewohner:innen der Waldemarstr. 81 für die Zusammenarbeit und Unterstützung sowie der Luisenstadt Genossenschaft für die Farben und Material!
Herzlichen Dank auch an das Umbruch Fotoarchiv für Bericht und Fotos: